TESTO DEL LIED
"Die Gruft der Liebenden"di Eugen von Puttkamer-Plauth (1800-1874)
Da, wo des Tajo grünlich blauer Strom
Mit weißem Schaum durch Marmorbrüche brauset,
Am Rebenufer stand der hohe Dom,
Die Gothenburg, wo Könige gehauset.
Jetzt starrt die Aloe dort wild aus den Ruinen,
Und schattend rauschen Palm und Lorbeer über ihnen.
Von oben fällt der Tau ins offne Haus,
Und die zerbrochnen hohen Fensterbogen
Füllt der Citronenbaum mit Blüten aus,
Die wilden Tauben sind hier eingezogen;
Der Wandrer breitet hier bei heißer Mittagsschwüle
Den Mantel auf das Moos und schlummert in der Kühle.
Es führet unterm Schutt ein breiter Gang
Durch hochgewölbte schwere Säulenhallen
Den Chor der Grüfte der Könige entlang...,
Auf ihm ruht Garcias, noch nicht in Staub zerfallen;
Des Königs Leichnam deckt den Eingang in die Grüfte,
Daß keine Hand das Tor zum Grab der Liebe lüfte.
Don Garcias der König ruft seinen Kämmerling:
"Geh, bringe meiner Tochter von meinem künft'gen Eidam,
Don Pedro, den Verlobungsring.
Sie halte sich zum dritten Tag bereit,
Zum Herrscher von Castilien zu ziehn.
Du führst als Marschall ihr Geleit."
Der Ritter geht zum Fräulein und knieet vor ihr hin,
Des Königs Worte stammelnd; sie sieht sein Aug' in Tränen
Und überhört der Worte Sinn,
Dann wendet sie erblaßt sich von ihm ab
Und seufzet leise, tief in sich verloren:
"Nein, eher geh' ich in mein Grab."
Und wieder spricht der König, von heißem Grimmt entbrannt:
"Geh, Kämmerling, und bringe den Ring dem stolzen Fräulein,
Sie trag ihn heut noch an der Hand
Und reich die Hand zu dem Verlöbnis hin,
Sonst soll sie meines Zorns Gewicht empfinden,
So wahr als ich der König bin!"
Der Ritter knieet nieder und beut den Ring ihr dar
Und seufzt die harten Worte und birgt ihr seine Tränen,
Gedeckt vom Ringellocken Haar.
"So nehm' ich denn den Ring von deiner Hand,
So reich' ich dir die Hand zum ew'gen Bunde,
Folg mir ins unbekannte Land!"
Und an dem dritten Tage wohl um das Morgenrot,
Als sie zum Aufbruch bliesen, erschallt's durch alle Hallen:
Des Königs Tochter, sie ist tot!
Und als man sie zur Gruft der Ahnen trug,
Da wankt der Kämmerling, als Marschall des Geleits,
Ein Leichnam vor dem Trauerzug.
Da ward die Burg so öde, und spät nach Mitternacht,
Als auch der Schmerz verstummte,
Bat leise sich der Ritter das Tor der Toten aufgemacht.
Da schläft sie bei der Lampe Schein,
Als sei das Schönste nur des Todes würdig
Und steiget in die Gruft hinein.
Dann erst entfernt, dann näher, kniet er am offnen Sarg,
Dann strömen seine Tränen,
Dann bricht er aus in Worte, was er so lang im Busen barg!
"O du, die ich im Leben stumm geliebt,
O hier im Grabe darf ich's dir vertrauen;
Eh dies gebrochne Herz verstiebt!"
Und zärtlich, schüchtern naht er sich dem kalten Munde
Und küßet sanft die Lippe,
Dann glühender entzückter, besiegelt er den Todesbund.
Sein Hauch durchwärmt, durchglüht sie,
Er belebt, die Wangen röten sich;
Es lispeln Worte, wie Lieb' der Lieb' entgegen strebt.
Da öffnet sich das Auge, wie selig, wie verklärt,
Als sei zum ird'schen Leben
Die Seligkeit des Himmels der Auferstandenen noch gewährt.
Er schütternd, unaussprechbar ist die Lust!
Er fühlet sich von ihrem Arm umschlungen,
Sie pressen schweigend Brust an Brust.
"Und mußt du mich verlassen, wenn früh die Lerche singt,
So will ich süß hier träumen,
Bis mir dein Kuß allnächtlich der Liebe neuen Morgen bringt!"
Hernieder zieht sie ihn ins blüh'nde Grab
Und sauget schmeichelnd seines Mundes Hauch,
Das Ja von seinen Lippen ab.
Verschlungen in den Armen der süßen Todesbraut,
Wie steiget sein Entzücken!
Da horch! ein Ton des Schreckens,
Wie's grässlich dort hernieder schaut,
Der König, grimmig, bleich, schaut er hinab.
Ein Donner kracht die zugestürzte Tür,
Geschlossen ewig ist das Grab.
Den königlichen Mantel verbreitet er aufs Tor
Und sinket darauf nieder,
Dann lädt er seine Ritter zum letzten Male sterbend vor.
"Verflucht sei, der von Frevelmut verführt,
Hier jenseits dieses Grabesgitters schreitet,
Und der mein Lager hier berüht!"
Und hinterm Eisengitter, da hören in der Nacht
Es die Trabanten flüstern
Wie unterird'sche Quellen, ganz leise, daß er nicht erwacht.
So hört man's noch beim fünften Morgenrot,
Dann starb es ab, so leise, immer leiser,
Dann war es stille wie der Tod.