TESTO DEL LIED

"Gulhinde am Putztische"
di Heinrich Stieglitz (1801-1849)

Reich' mir den Schleier, Emina,
Den weichen, blumendurchwirkten Schleier,
Den mir der Vater aus Lar gesandt!
Reich' mir den flammenden Demantgürtel,
Daß ich ums Faltengewand ihn schmiege,
Glänzender wallet der seidene Stoff.
Reich' mir den Tulbend, den perlenreichen,
Den, aus Rubinenaugen strahlend,
Hoch überwallet der Reigerbusch!

Fort mit der Henna, der Ambrasalbe!
Mag nichts erbetteln vom gleißenden Schein.
Aber die glühendste Rose gieb mir,
Daß ich den Schmuck mit der Schwester teile;
Schwester der Rose ja nannt' er mich oft,
Damals schon, als er von Teheran's Hofe
Mit dem Gefolge zuerst uns besuchte,
Und mich der Vater ihm heimlich bestimmt.
Weißt du, Emina, wie hoch ich errötet,
Als mir der Vater den Schleier zu heben
Hier vor dem fremden Manne befahl?
Und jetzt darf ich entgegen ihm glühen,
Darf mich ihm schmücken als liebende Braut.
Lächelst, Emina! werd' ich gefallen,
Wenn der Geliebte mich wieder schaut?
Nun denn, ihr freundlichen Blumenaugen,
Würzt das Gemach mir mit süßer Luft,
Boten von Assad's Herzensschlägen,
Strahlen von Assad's Seelenduft!
Eilet wohl seinem Werben verbunden,
Grüßend voran dem Freunde nur?
Flüstert mir schwellend von seligen Stunden,
Zeichnet mir liebend des Teuren Spur!
Wollt mir, traute Verräther, sagen:
"Schon nicht mehr weit ist nun der Freund;
Freudig wird Herz am Herzen schlagen,
Wenn euch die nächste Stunde vereint!"